ÜBER DEN FUND DER “NEUEN UND MILLIARDENSCHWEREN” ÖLRESERVEN IM YASUNÍ NATIONALPARK IN ECUADOR
So wie es scheint, sind die „wichtigen Dinge des Lebens“ wie Politik, Wirtschaft, Makroökonomie … nur dann gültig, wenn sie Daten, Beträge und Ziffern vorzeigen können. Je mehr und je höher, desto besser. Schauen wir uns das mal anhand von Beispielen an:
Die Erdölreserven im Yasuní-ITT Ölfeld umfassten zunächst 920 Millionen Barrel, dann – von einem Tag auf den anderen – 840 Millionen und daraufhin schließlich wieder 920 Millionen Barrel Öl. Der Wert des Öls wurde erst mit 7 Milliarden US-Dollar (während die Yasuní-ITT Initiative in Kraft war) beziffert, um ihn dann, nachdem das Parlament seine Erklärung über das „nationale Interesse“ abgab, auf 18 Milliarden US-Dollar ansteigen zu lassen. All das scheinbar unbeeinflusst vom Wandel des Erdölpreises.
Nun wurde verkündet, dass weitere 750 Millionen Barrel Erdöl gefunden worden seien (damit befinden sich insgesamt 1,67 Milliarden Barrel im Boden des Yasuní). Das heißt, dass wir nach den Worten des Vizepräsidenten Jorge Glas, mit zusätzlichen 19,5 Milliarden US-Dollar rechnen dürfen, die wir zu den 18 Milliarden US-Dollar, die die vorherigen 920 Millionen Barrel Wert waren, addieren, was uns zu einer Gesamtsumme von… „einem riesigen Betrag“ von Milliarden von US-Dollar führt, mit denen endlich [jetzt wirklich] die verarmte Bevölkerung im Amazonasgebiet versorgt werden könne – zusätzlich zu den Tausenden Menschen, die von dem Erdbeben im April dieses Jahres betroffen sind.
Im Übrigen sollten Sie nicht versäumen zu fragen, um welche Art von Mathematik es sich hier handelt: 920 Millionen Barrel haben einen Wert von 18 Milliarden US-Dollar, während 750 Millionen Barrel (also weniger) 19,5 Milliarden US-Dollar wert sind… Im Folgenden der Versuch, diese Rechnung mittels einer der Formeln aus den Ökonomie-Seminaren des Herrn Präsidenten (Rafael Correa, Anm. d. Übers.), zu erklären:
wenn:
(A) 920 Millionen bq = (a) 18 Mrd. USD
(B) 750 Millionen bq = (b) 19,5 Mrd. USD
dann:
A=a ; B = b dann A>B ; a<b? Das heißt???
Wenn Sie das nicht verstanden haben, keine Sorge! Genau das ist die Idee! Es geht darum, möglichst viele Ziffern, Daten, Zahlen und nochmals Zahlen zu präsentieren. Je unverständlicher, desto besser. Letztendlich ist dies nämlich kein Thema für gewöhnliche Menschen [wie Sie und wir], sondern ein Thema für ÖkonomInnen, ExpertInnen, TechnokratInnen, also für Menschen, die die „Kompetenz“ besitzen, ein Land, so kompliziert wie das unsrige, zu lenken.
Und da Zahlen nicht unsere Sache sind, fühlen wir uns verpflichtet, bescheiden unsere Fragen und Überlegungen darzulegen:
Die Erdölindustrie, genauso wie die Bergbauindustrie sowie andere milliardenschwere Geschäfte, generieren Gewinne innerhalb der Welt der Spekulationen. Entsprechend der politischen und wirtschaftlichen Konjunktur eines Landes oder Region werden hier und da Zahlen zu den Rohstoffreserven erhöht oder verringert, um in neue Verhandlungen zu treten, Förderverträge abzuschließen, Ausschreibungen zu gewinnen, Konzessionen zu erhalten und so weiter und so fort. Das heißt, es gilt, vertragliche Vorteile zu erlangen, die die ununterbrochene Gewinnbringung immenser Geldbeträge sichern und garantieren.
Zu einem Zeitpunkt, an dem Ecuador eine tiefgreifende ökonomische Krise durchläuft und verzweifelt versucht ausländische Investitionen anzuziehen, erscheint die „wundersame“ Vermehrung der Reserven, die im ITT Ölfeld „entdeckt“ wurden, nicht wenig verdächtig.
Daher fragen wir uns:
Welche Absicht steht hinter der Beauftragung von Studien wie die von Ryder Scott, die die Erhöhung von 750 Millionen Barrel der Reserven des Ölfeldes 43 (ITT) bestätigen sollen?
Wird hier versucht, eine Politik des Vorabverkaufs von Erdöl zu institutionalisieren, um mehr davon zu verkaufen, als wir eigentlich haben?
Wäre eine Studie nicht nützlicher und notwendig gewesen, die Aufschluss über die seismischen Risiken und die Angemessenheit des Baus einer neuen Erdölraffinerie in einer Zone gibt, die kürzlich von einem Erdbeben ähnlich der Stärke des Bebens vom vergangen April heimgesucht wurde?
Inwiefern wird der von der UN-Menschenrechtskommission bestätigten vulnerablen Situation der in freiwilliger Isolation lebenden indigenen Völker der Tagaeri und Taromenane Rechnung getragen? Die Kommission merkt hierzu an: „…insbesondere muss garantiert werden, dass keine extraktivistischen Aktivitäten oder andere Handlungen unternommen werden, die die Menschengruppen in eine Situation noch höherer Vulnerabilität versetzen könnten.“
Aus dieser Perspektive und den gegebenen neuen Umständen im Yasuní-ITT sowie dem augenscheinlich aufkommenden „Fieber“ an Volksbefragungen, bestehen wir auf unsere Forderung und verlangen, dass der Wille der Bevölkerung respektiert wird.
Ecuador hat das Recht auf ein Referendum, das über das Öl im Yasuní entscheidet. Jetzt ist der Moment dafür!
YASunidos