Beiträge zu einer ganzheitlichen Energiewende für Ecuador

Beiträge zu einer ganzheitlichen Energiewende
für Ecuador

Sonne und Wind statt Öl aus dem Regenwald

Stefan Golla berichtet in seinem Artikel „Sonne und Wind statt Öl aus dem Regenwald“ über die Unrentabilität der Erschließung von Öl im Yasuní, sowie über deren bedrohliche Wirkungen für die wirtschaftliche Zukunft Ecuadors als auch über eine mögliche Energiewende.

Ausverkauf der Natur

Um die Modernisierung Ecuadors weiter zu fördern, versucht die Volkswirtschaft des Landes mehr Devisen in Form von chinesischen Krediten zu beschaffen. Dies führt dazu, dass die Ausbeutung der Bodenschätze im Yasuní immer stärker, „auf Kosten des Staatshaushalts, des Regenwaldes und seinen indigenen BewohnerInnen (S.141)“, vorangetrieben wird . Der Yasuní, einer der artenreichsten Orte weltweit, ist seit 2008 von der neuen Verfassung Ecuadors geschützt. Die ecuadorianische Regierung unter Rafael Correa scheiterte jedoch daran das Yasuni- ITT Gebiet, gegen einen solidarischen Abfindungsbetrag von der Weltgemeinschaft, unangetastet zu lassen. Daraufhin begann eine neue Extraktivismuswelle im Yasuní und anderen Orten des Landes. Geschmälert wird die finanzielle Ausbeutung des Yasuní einerseits durch den extremen Aufwand, der mit der Erdölförderung im Regenwald verbunden ist, andererseits von der schlechten Qualität des dortigen Öls.

Die ökologischen und sozialen Folgen

Eine Person steht im Regenwald und hebt Erde mit der Hand hoch.
Foto: flickr.com/RainforestActionNetwork

Die Nachteile des Extraktivismus zeigen sich in einer von Öl immer mehr abhängigeren Wirtschaft. Gleichzeitig steigt die Nachfrage nach erneuerbaren Energien global seit 2010. Auch die Gefahr von Wirtschaftskrisen wie in Venezuela, einem Staat der ebenfalls stark von der fossilen Industrie abhängig ist, vergrößert sich. Die negative Seite des Extraktivismus spiegelt sich zudem auch in seinen materiellen Auswirkungen wieder. Im metallischen Bergbau werden oft Cyanid, Quecksilber und Kupfersulfate, welche zu den vielen Schwermetallen zählen, im Prozess der Extraktion freigesetzt. Auch bei der Erdöl- und Erdgasförderung werden Unmengen von radiotoxischen Nebenprodukten, sogenannte Radio-Nukleotiden, abgeschieden. Sie stammen aus Pumpen, Filtern, Förderrohren und Förderwasser und werden in Böden und Gewässern sorglos deponiert. Die massive Verseuchung ist die heimliche Ursache für das immens gestiegene Krebsrisiko bei den vorwiegend indigenen Bevölkerungen nahe der Fördergebiete und deren Umgebung. Hinzu kommen Territorialkonflikte in Zusammenhang mit der Rechtsverletzung gegenüber den Ureinwohner*Innen, die durch die Industrie verdrängt werden. Viele davon werden durch militärische Gewalt vertrieben, um mehr Raum für die Bergbauunternehmen zu schaffen, was wiederum zu Konflikten zwischen den verschiedenen indigenen Gruppen führt.

Eine ecuadorianische Energiewende ist möglich und nötig

Es handelt sich um ein Buchcover von Stefan Golla zur Energiwende, bei der eine Landkarte von Ecuador abgebildet ist.
Foto: Stefan Golla

Die Alternative, zu der gefährlichen wirtschaftlichen Abhängigkeit vom Öl sowie den sozialen und ökologischen Problemen die mit dem Extraktivismus einhergehen, liegt in dem unglaublichen Potenzial Ecuadors Sonnen- und Windenergie zu erschließen. Die Auswertung von Daten unter anderem vom ecuadorianischen Ministerium für Elektrizität und Erneuerbare Energie ergab, dass bei Inanspruchnahme von nur 0,2 Prozent der Landesfläche etwa 13 Gigawatt Windenergie erzielt werden könnten. Bei Inanspruchnahme von lediglich 0,1 Prozent der Landesfläche könnte hingegen eine solare Leistung von circa 80 Gigawatt gewonnen werden. Abhängig vom Standort lässt sich nicht nur der elektrische Energiebedarf komplett durch erneuerbare Energien decken, sondern auch alle Treibstoffe aus fossilen Energieträgern ersetzen. Mithilfe der Power- to- Gas- Technologie (PtG) wird Wasserstoff aus Wasser erzeugt, der unter Entzug von Kohlendioxid aus der Atmosphäre Methan und dichtere Treibstoffe wie Benzin o. ä. sauber synthetisiert. In seinem Buch „The End of Oil“ simuliert und analysiert Stefan Golla zudem verschiedene realistische ökonomische Szenarien, nach denen eine komplette Energiewende in Ecuador innerhalb von 10-15 Jahren möglich und sinnvoll wäre. Seine Schlussfolgerungen: Steuert Ecuador jetzt in Richtung Energiewende um, würde dies eine energiepolitische Autarkie für das Land mit sich bringen. Die finanzielle Unabhängigkeit könnte gestärkt und circa 100 000 stabile, zukunftsfähige Arbeitsplätze geschaffen werden. Nicht zuletzt würde dies die Erschließung von 94 Prozent der heutigen Erdölreserven in Ecuador überflüssig machen. Das sind hoffnungsvolle Erkenntnisse. Mit der neuen Regierung unter Lenin Moreno besteht die Chance, die entscheidenden Weichenstellungen für Ecuador – und der Welt – zu stellen.

  • Kostenloser Download des vollständigen Artikels von Stefan Golla, der im Dezember 2017 in der Zeitschrift „Politische Ökologie“ veröffentlicht wurde.
  • Kostenloser Download seines Papers „First complete and sustainable Energy Transition Study for Ecuador “ (auf Englisch und Spanisch), dass die wesentlichen Ergebnisse seiner Studie „The End of Oil“ (Deutsch, mit Prognosen und Simulationen der wirtschaftlichen und elektrotechnischen Bedingungen für die Energiewende Ecuadors) in der Jahreszeitschrift „Energía“vom Januar 2018 aufzeigt.

Wer Interesse am Erwerb eines Buches hat, kann uns gern bei Sukuma arts e.V. kontaktieren.

Headerfoto: Flickr.com